In einem kleinen Dorf im tropischen Regenwald Boliviens in der Nähe des Ortes Chapare, wurde der damals 18 Jahre alte Luis in der Fahrenden Klinik vorgestellt. Seit seiner Kindheit litt er an nicht behandelter Epilepsie. Mehrere Krampfanfälle täglich beeinträchtigten seinen Tagesablauf schwer und gefährdeten seine Gesundheit. Als Waise mit mehreren jüngeren Geschwistern wurde er von seiner Großmutter versorgt, die dem Umgang mit der Krankheit nicht gewachsen war und der die Versorgung der Kinder auf Grund ihres Alters zunehmend schwer fiel. Medfund stellte ihn auf Medikamente ein und sicherte die lebenslange medikamentöse Versorgung. Durch diese kleine, aber notwendige Unterstützung konnten ein normaler Tagesablauf und Berufstätigkeit ermöglicht werden.
Das Projekt Medfund entstand aus der Idee heraus, Menschen aus ärmsten Verhältnissen in Bolivien den Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Im August 2016 brach deshalb eine kleine Gruppe von fünf Bolivianer*innen mit der ersten Fahrenden Klinik in den kleinen Ort Teoponte im tropischen Teil Boliviens auf. Mittlerweile nehmen an jeder Fahrt 25 bis 30 Ärzt*innen verschiedenster Fachrichtungen und andere freiwillige Helfer*innen aus Bolivien sowie internationale Volunteers teil. Insgesamt wurden bereits mehr als 8500 Menschen behandelt.
Vor allem in ländlichen Gegenden ist die Versorgungslage desolat. In dem riesigen Land (knapp 3x so groß wie Deutschland) müssen Menschen oft mehrere Stunden Fahrt auf schlechten Straßen in Kauf nehmen, um in eine größere Stadt mit Krankenstation zu gelangen. Nur wenige verfügen über den Luxus eines motorisierten Fortbewegungsmittels, so dass die Distanz für kranke Menschen ein teilweise unüberwindbares Hindernis darstellt. In abgelegenen Dörfern herrscht zudem häufig nach wie vor der Tauschhandel vor, weshalb keine Möglichkeit besteht, die Behandlung zu bezahlen.
In Bolivien sind nur insgesamt ca. 30% der Bevölkerung staatlich oder privat krankenversichert. Viele Familien können daher weder die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen noch ärztliche Behandlungen oder Medikamente stemmen, ohne die Familie in den Ruin zu treiben. Da auch die Schulbildung nicht umsonst ist, hat die finanzielle Mehrbelastung oft den Ausbildungsabbruch der Kinder zufolge.
Medfund führt dringend notwendige medizinische Untersuchungen direkt vor Ort durch und vermittelt den Dorfbewohner*innen grundlegende Kenntnisse zur Krankheitsvermeidung, wie Zahn- und Lebensmittelhygiene, Wundversorgung, Erste Hilfe oder gesunde Ernährung. Freiwillige Helfer*innen vermitteln durch Theaterstücke diese Themen spielerisch, üben Zähneputzen mit den Kindern oder bilden die Lehrer*innen in Krankheitserkennung und -vermeidung weiter. Ärzt*innen untersuchen, behandeln und beraten währenddessen. Behandlungsschwerpunkte bilden aktuell Magen-Darm-Erkrankungen, Schwangerschaften, Diabetes, Kinderheilkunde, Wundversorgung, Schmerztherapie, Epilepsie, Bluthochdruck und viele mehr. Nicht alle Menschen können sofort behandelt werden, oft können schwere Krankheiten aber entdeckt und die weitere Behandlung im nächsten Krankenhaus in die Wege geleitet werden.
Prinzipiell ist jede*r willkommen, sich mit Medfund in Verbindung zu setzen, der Unterstützung oder Beratung wünscht. Nach eingehender Prüfung wird durch die Projektverantwortlichen unter Leitung von Mitgründer Joey Kittleson vor Ort entschieden, wie die Unterstützung aussehen soll. Aktuell werden vor allem Menschen aus ländlichen Regionen und bildungsfernen Schichten in den fahrenden Kliniken umsonst behandelt. Die Fahrende Klinik macht in Gemeinden Station, die über keine eigene Krankenstation verfügen und dennoch so zentral gelegen sind, dass die Anreise auf für Patient*innen aus umliegenden Dörfern möglich ist.
Guter Rat ist teuer, praktische Hilfe noch mehr. Die Hilfsbereitschaft der Helfer*innen ist unerschöpflich: Nach einer beschwerlichen Anfahrt und Nächten auf dem Zeltboden, stellen sie mit Respekt und Geduld den Menschen vor Ort kostenlos ihr Wissen und eine Behandlung zur Verfügung. Der Transport und die Verpflegung von bis zu 30 Freiwilligen sowie die Beschaffung von Arbeitsgerät und Medikamenten stellen die Organisator*innen vor große logistische Herausforderungen. Alle Kosten werden durch Geld- oder Sachspenden gedeckt. Medikamente werden oft von Krankenhäusern, Firmen oder Apotheken gespendet und sind somit in der Beschaffung schwierig, zeitintensiv und schlecht planbar.
Das erklärte Ziel sämtlicher Organisator*innen und Helfer*innen ist es, den ärmsten Menschen auf eine würde- und respektvolle Art und Weise das Recht auf körperliche Gesundheit zu gewährleisten. Somit kann es den Menschen vor Ort ermöglicht werden, selbst für ihren Lebensunterhalt und die Ausbildung ihrer Kinder aufzukommen.
Aufgrund der Abhängigkeit von Sach- und Geldspenden ist die Organisation der Touren schlecht plan- und umsetzbar. INGEAR unterstützt Medfund durch die komplette Finanzierung von zwei Fahrenden Kliniken jährlich, um zuverlässig Grundversorgung, medizinischen Rat und damit die Chance auf ein gesundes Leben zu ermöglichen. Außerdem konnte mit Hilfe von INGEAR ein eigener Bus finanziert werden, so dass die Fahrende Klinik nun unabhängiger und für die Freiwilligen sicherer gestaltet werden kann.